November 2018 – Urwaldrelikte

Wir machen Urlaub. Eigentlich wollten wir nach Italien, aber das war uns dann zu weit und zu anstrengend – wir werden älter. Dann habe ich mich an meinen Beitrag vom August erinnert. Warum denn nicht einfach mal ganz nah Urlaub machen? Ich wollte schon lang mal in den Bayerischen Wald, eigentlich für mich gerade um die Ecke… Bisher dachte ich, der ist doch nur was für Rentner. Aber weit gefehlt, vor allen Dingen, wenn man sich für Natur interessiert.

       

Der Nationalpark Bayerischer Wald (inzwischen dreimal auf deutschen Briefmarken abgebildet) hat ein Motto, das mir besonders gefällt. „Natur Natur sein lassen“ (… auch etwas was für Menschen gelten könnte). Er wurde 7. Oktober 1970 als erster Nationalpark Deutschlands ausgewiesen. Zusammen mit dem Nachbar-Nationalpark Šumava in Tschechien bildet er das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Mitteleuropas. Hier dürfen sich die Wälder mit ihren Mooren, Bergbächen und Gipfellagen nach ihren ureigenen Gesetzen entwickeln.

Den Luchs findet man inzwischen wieder im Bayerischen Wald in freier Wildbahn.

Das Auerhuhn ist in seinem Bestand stark gefährdert und braucht viel Ruhe, die es in den weiten des Bayerischen Wald finden kann.

Neben den großen Tieren – die viele kennen – wie Luchs, Fischotter, Auerhuhn oder Habichtskauz finden auch kleine Tiere, insbesondere Insekten hier wieder oder noch ein zu Hause (wie der Ungarische Ahornbock). So findet man Käferarten (wie den Eremit oder auch Juchtenkäfer), die als Urwaldrelikt-Käfer bezeichnet werden.

Der Ungarische Ahornbock ist höchst selten und wurde erst vor kurzem wieder im Bayerischen Wald gefunden.

Der Eremit ist wohl einer der bekanntesten Urwaldrelikt-Käfer. Ist auch als Juchtenkäfer bekannt.

Diese Arten kommen in Mitteleuropa äußerst selten und nur noch in wenigen Gebieten vor. Urwald-Reliktarten verlangen eine ungebrochene Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase des Waldes, sprich sie leben oft auf und im Totholz. Daher ist der hohe Anteil an Totholz (umgefallene Bäume werden einfach liegen gelassen) im Bayerischen Wald ein Garant für die hier vorzufindende Artenvielfalt. Eben „Natur Natur sein lassen“. Insgesamt finden sich im Bayerischen Wald inzwischen 16 dokumentierte „Urwaldrelikt-Käfer“.

Ein toller Erfolg für die Philosphie des Nationalparks. Und selbst wenn man kein Insekt findet – was unwahrscheinlich ist – ist der Urwald und seine mächtige Ausstrahlung schon eine Reise wert. Insgesamt also ein lehrreicher und erholsamer Urlaub nahe der Heimat. Wir wollen auf jeden Fall im Frühjahr wiederkommen, um die Vielfalt der Insektenfauna hier im Bayrischen Wald noch besser zu erfahren.