Juli 2020 – Briefmarken als Münzen?

„Mein“ Kapselgeld

Als ich noch vor Corona auf der NAPOSTA 2020 bei einem Briefmarkenhändler durch seine Kartons stöberte, bin ich auf eine „eingekapselte“ Briefmarke gestoßen. Es sah aus, wie wenn die Säerin in eine plattgedrückte Nespresso-kapsel eingeschweißt worden wäre. Ich dachte zuerst, es wäre ein philatelistischer Gag, bis ich mich daranmachte, hierzu im Netz, durch Fragen und durch Literatur mehr Information zu erhalten.

Diese eingeschweißten Briefmarken sind in der Tat sogenanntes Kapselgeld. Das Kapselgeld ist Notgeld im Nominalwert der „eingeschweißten“ Briefmarke, die in Notzeiten als Geldersatz eingesetzt wurden. Der Hintergrund der „Einkapselung“ ist die ansonsten schnelle Abnutzung der Briefmarke, wenn sie als Geldersatz herhalten musste. Das Briefmarken-Kapselgeld fungierte zu einem überwiegenden Teil als Kleingeldersatz.

Encased postage stamp

Als ältestes Briefmarken-Kapselgeld gelten die encased postage stamps, die 1862 durch J. Gault in New York entstanden. Dieses Notgeld entstand aufgrund einer Finanzmarktkrise -ausgelöst durch den Sezessionskrieg in den USA – in der immer mehr Münzen aus Gold und Silber vom Markt aus dem Umlauf verschwanden. Es handelt sich bei den „encased postage stamps“ um eine oben eingebogene Metallplatte, die mit einem Plättchen abschließt, darunter befindet sich die Briefmarke. Auf der Rückseite des Metalls war ein Reklametext eingraviert. Für diese Werbetexte erhielt Gault 2 Cents extra für die Herstellung, was für ihn zu einem guten Geschäft wurde, als der Handel das Kapselgeld als Werbemedium entdeckte. So verkaufte er in den Jahren 1862 und 1863 insgesamt 750.000 Stück. Das Geschäft war jedoch nur von kurzer Dauer. Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1863 wurde das Kapselgeld durch günstigere Ersatzwährung ersetzt.

  

Das Kapselgeld erlebte jedoch eine Auferstehung vor allem nach dem Ersten Weltkrieg. Hier wurden in Deutschland, Österreich und Frankreich (timbres jetons) wiederum solche Kapseln ausgegeben. Und auch sie waren gekennzeichnet durch ihre Doppelfunktion als Geld und Werbeträger. So ist der Sammlerwert von Kapselgeld auch durch die Werbeaufdrucke mitbestimmt. Und wenn man sucht, findet man auch Kapselgeld aus anderen Teilen der Welt….

Ich finde es auf jeden Fall faszinierend, und wie man am Beispiel eines Blattes aus dem Puppenspieler-Exponat von Clemens sehen kann, läßt es sich auch hervorragend in Exponate der Thematik oder auch der „Open Philately“ einbauen.

Exponatseite aus dem „Puppenspieler“ von C.M. Brandstetter – Exponat in der „Open Philately“

Literatur: Briefmarkenspiegel Juli August 2020; Bilder z.T. von https://www.ma-shops.de/