Mai 2019 – „Wherever is life – you can find light“ (V. Viviani)

Briefmarken des Naturwunders der „glowworms“ in Höhlen von Neuseeland.

Vor kurzem bin ich über dieses Video gestolpert. Es lohnt sich wirklich, es anzusehen. Es ist ein Zeitraffervideo aus einer Höhle (Waitomo Cave) in Neuseeland. Tief im Inneren der Erde blinkt es plötzlich blau – wie ein Sternenhimmel. An vielen feinen Fäden hängen glitzernde Tropfen und verzaubern die Besucher. Doch hinter der Illumination steckt ein uraltes biologisches Phänomen – die Biolumineszenz. Was genau die Wände der Waitomo Caves auf der neuseeländischen Nordinsel so zauberhaft erleuchtet, sind bioluminiszierende Larven von Pilzmücken – sogenannte „Glowworms“ (Bolitophila luminosa). Sie bauen ihre Netze an der Decke der Höhlen und lassen von dort bis zu 40 Zentimeter lange Fäden herab. An diesen rinnen klebrige Tropfen herunter. Dann sitzen die Larven an der Decke und leuchten. Die feuchten Fäden funkeln dabei so stark, dass kleine Insekten den Larven buchstäblich auf den Leim gehen.

Forever – serie 2018 mit biolumiszierenden Tieren. Vor allem kommen diese „Tiere“ im Meer vor.

Die Glowworms sind natürlich nicht die einzigen Tiere, die Licht erzeugen können und Beobachtungen von leuchtenden Tieren, Pflanzen und Pilzen gehen schon sehr weit zurück, wahrscheinlich bis Aristoteles (384-322 v. Chr). Inzwischen kennt man auch die Chemie dahinter. Vereinfacht gesagt: Hinter dem Leuchten steckt eine biochemische Reaktion. In speziellen Leuchtorganen werden Chemikalien vermischt, die dann unter Abgabe von Licht miteinander reagieren. Das Prinzip ist dasselbe wie bei einem Knicklicht. Dort wird durch das Knicken eine dünne Trennwand zerstört, Chemikalien mischen sich und der Stab beginnt zu leuchten.

Sehr weit verbreitet ist die Biolumineszenz bei Meerestieren, von Bakterien, über Plankton, bis hin zu Quallen und Tintenfischen. Was höchstwahrscheinlich z.B. mit SM U-34, dem letzten deutschen U-Boot im ersten Weltkrieg geschah hängt mit bioluminiszierenden Meereswesen zusammen.

Nicht die U-34 aber hier abgebildet die U-9 aus dem ersten Weltkrieg.

Als das U-Boot in den letzten Tagen des Ersten Weltkriegs die Kämpfe im Mittelmeer einstellte und Kurs auf den Heimathafen in Kiel nahm, musste es durch die Straße von Gibraltar. Dort aber lagen die Engländer mit ihren Kanonenbooten. Kapitän Johannes Klasing ließ alle Lichter an Bord löschen, die lauten Dieselmaschinen herunter- und die leisen Elektromotoren hochfahren. U-34 tauchte ab – und wurde nie wieder gesehen. Was berichtet wurde, ist, dass das Meer geglüht habe, als die Deutschen auf Tauchgang gingen, wie eine tauchende Fackel. Das Licht im Meer ließ die Engländer binnen einer halben Stunde zielgenau und verheerend zuschlagen. Man nimmt heute an, dass die Deutschen damals durch selbstleuchtendes Plankton tauchten, die winzigen Organismen durch die Bugwelle angeregt wurden und heftig glühten, und somit das ideale Ziel fürdie Engländer abgaben. Heute ist ein glühendes, leuchtendes Meer für uns eher von romantischer Natur.

Leider keine Briefmarke vom blauen Meer: Riesige Anzahl von biolumineszierenden Dinoflagellaten, die dieses schöne blaue Licht in brechenden Wellen erzeugen.

Aber diese romantischen Momente gibt es auch an Land, denn Biolumineszenz gibt es auch bei Insekten, Hundertfüssern und Crustaceen. Man denke nur an eine laue Sommernacht und die kleinen blinkenden Lichter überall – die Signale von Glühwürmchen (genießen Sie es, solange es dies noch gibt!). Mit etwas Glück findet man auch leuchtendes Mycel vom Hallimasch (Armillaria mellea) oder bei einer Reise nach Südeuropa den Leuchtenden Ölbaumpilz (Omphalotus olearius). Die Biolumineszenz hat viele Funktionen in der Natur.

Die bei uns wohl bekannteste Biolumineszenz: das Glühen der Glühwürmchen

In der Tiefsee oder wie oben beschrieben unter der Erde als Köder für Beutetiere. Andere Lebewesen nützen Biolumineszenz zum Abschrecken von Feinden, zum Finden eines Partners, und/oder zur Kommunikation.

Aber nicht nur in der Natur hat die Biolumineszenz einen grossen Nutzen. Die Gene, welche für die Biolumineszenz verantwortlich sind, wurden inzwischen entschlüsselt und können gentechnisch in fast alle Organismen eingebaut werden. So kann man Stoffe und Zellen in Lebewesen markieren und den Weg eines Moleküls durch den Stoffwechsel verfolgen. Für die Entdeckung des leuchtenden Proteins GFP (Grün-Fluoreszierendes-Protein), welches besonders in der Gentechnik eingesetzt wird, bekamen drei Forscher im Jahr 2008 den Nobelpreis. In der Biotechnologie haben leuchtende Bakterien eine Anwendung. Sie können zum Beispiel zur Überprüfung der Wasserqualität bei Abwasser verwendet werden. Die Leuchtintensität des Wassers gibt Auskunft darüber, wie viele Bakterien darin enthalten sind.

Einer der Chemie-Nobelpreisträger 2008, die für die „Entdeckung“ des GFP – links als Struktur des Proteins – ausgezeichnet wurden.

In der Tat wird das Beleuchtungsverfahren der Natur heute von Medizinern, Stadtplanern, und Landwirten angewendet. In Paris hat sich das Start-up-Unternehmen Glowee darangemacht, mit dem Gel von Millionen biolumineszierenden Bakterien nachts einen Straßenzug zu beleuchten. Eine ähnliche Idee hatten bereits vor längerer Zeit britische Bergleute. Im 19. Jahrhundert steckten Bergleute in den englischen Midlands eingefangene Glühwürmchen in eine leere Glasflasche, verschlossen sie, stachen winzige Löcher in den Verschluss und beleuchteten unter Tage so die Gänge durch die finsteren Stollen. Die britische Biotechfirma Lumora rüstete Pflanzensamen mit dem Katalysator-Enzym Luciferase aus, um das Innere eines Samens zu belichten und so dessen Zustand zu überwachen. Forscher der Universität von Tokio stellten 2016 eine Methode vor, bei der modifizierte Glühwürmchen-Enzyme gefährliche Krebszellen aufspüren und ihren Fang per Licht anzeigen können.

Ein Bergmann mit seinem Licht.

Gentechnik ermöglicht inzwischen auch eher ungewöhnliche Spielereien. So wurde 2014 eine „leuchtende“ Tabakpflanze auf dem Markt als „Gimmick“ angeboten. Weiterführende Forschung soll dazu dienen, diese Pflanzen als Leuchten einsetzen zu können. Inzwischen hat man am MIT in Massachusettes auch ein Verfahren entwickelt mit dem die Pflanzen, u.a. auch Brunnenkresse, heller leuchten. Sie leuchtet jedoch nur 3-4 Stunden. Bin mal gespannt, wann ich die ersten leuchtenden Bäume als Ersatz für Strassenlampen sehen werde, die KEINE Weihnachtsbäume sind.

Quellen: Wikipedia.org – www.simplyscience.ch – www.chemie-uni-jena.de – www.faz.net – www.videoman.gr