Juni 2022 – eine verblassende Rose

Rose

Luxemburg – das Land der Rosen

Mignon

Stillleben von Abraham Mignon

Wir waren gerade in Luxemburg, das sich auch das Land der Rosen nennt. Daher heute mein wissenschaftlicher Beitrag zu einer Rose, die jedoch nicht mehr blüht sondern sich auf einem Gemälde von Abraham Mignon (ein niederländischer Maler 1640-1679) befindet. Diese gelbe Rose in der Mitte des Bildes wirkt im Gegensatz zu den anderen Blumen in diesem üppigen Blumenstrauß sehr verblasst, eintönig und gar nicht passend. 

Ausschnitt

Ausschnitt mit blasser gelber (oder nun ockerfarbenen) Rose

Ich habe jetzt gelernt, dass dies an der Chemie liegt, und nicht daran dass Herr Mignon diese Rose so unscheinbar gemalt hat. Im Gegenteil A. Mignon hat für diese Rose ein Pigment – das Orpiment – verwendet, das damals die schönsten Gelbtöne auf die Leinwand zauberte. Vor der Erfindung von Chromgelb war Orpiment das leuchtendste Gelb, das man in der Malerei (bereits seit dem Altertum) kannte. Orpiment, ist auch unter den Namen Auripigment oder Arsenblende, sowie unter seiner chemischen Bezeichnung Arsen(III)-sulfid bekannt, und ist ein Arsen-Schwefel-Mineral.

Oripigment - eine Schwefelverbindung

Das Pigment das die schönsten Gelborangefarben in der Malerei hervorbrachte war das Orpiment oder auch Auripigment.

Was ist jetzt aber mit dem schönen Gelb des Orpiments dieser Rose geschehen?

Mimetit

Mimetit „leuchtet“ nicht mehr gelb

Eine Analyse dieser einen Rose im Rijksmuseum in Amsterdam durch nicht-invasiven Techniken wie Röntgenfluoreszenzbildgebung und Röntgenpulverdiffraktometrie (SN: 10/1/21), ergab anhand der verbleibenden Spuren von Arsen, Blei, Kalzium und anderen chemischen Elementen in den Farbschichten, dass Mignon sehr wohl die Farbe sorgfältig schichtete, um eine fast dreidimensionale Rose aus Licht und Schatten zu schaffen. Zusätzlich fanden sie jedoch noch als Mimetesit und Schultenit bezeichneten Kristalle.

Diese sind das Ergebnis einer Reihe von chemischen Reaktionen. Zunächst entstand durch die Reaktion von Orpiment mit Licht und Sauerstoff das sehr reaktive Arsenolith. Dieses Arsenolith fand dann seinen Weg zu einer darunter liegenden Schicht aus Bleiweißfarbe und reagierte chemisch mit ihr, und es wurde Mimetesit (ein Bleiarsenat) und Schultenit (Bleihydrogenarsenat) gebildet. Die Kristalle dieser beiden Substanzen haben nicht die leuchtende Farbe des Orpiments, sondern sind farblos und verflachen das Aussehen der Blume.

Blaustich

Viele Gemälde aus dem Barock haben einen „Blaustich“, da das Gelb verblasste.

Auch andere Gemälde, deren Künstler sich dieses Pigments bedient haben leiden unter dieser Abnahme der Intensität des Gelbs. Dies ist der Grund, dass bei vielen alten Landschaftsgemälden die Bäume blau geworden sind. Die alten Meister haben nämlich in Ermangelung eines schönen grünen Pigments die Farbe Grün häufig aus Orpimentfarblacken und einem blauen Pigment gemischt. Mit dem „Verblassen“ des gelben Orpiments blieben so nur die Blautöne übrig……

Diese gelbe Rose (links) ist auf dem Gemälde Stillleben mit Blumen und einer Uhr so abgebildet, wie sie heute mit bloßem Auge zu sehen ist. Die Röntgenfluoreszenzaufnahme enthüllt ein meisterhafteres Gespenst der Vergangenheit. Das Bild (rechts) zeigt die elementare Verteilung des Arsens, das in der Rose verblieben ist. Ursprünglich war die Blume mit einem leuchtend gelben Pigment auf Arsensulfidbasis bemalt, doch chemische Reaktionen mit Licht und anderen Farbschichten ließen das Aussehen der Blume mit der Zeit verblassen.

Die Wissenschaft kann die Uhr bei der chemischen Umwandlung nicht zurückdrehen, um der Rose ihre frühere Pracht zurückzugeben – das ist umkehrbar. Aber digitale Rekonstruktionen, wie im Rijksmuseum in Amsterdam angewandt, können die verblassten Elemente aufdecken und so einen „geisterhaften“ Blick in die vergangene Schönheit eines Gemäldes ermöglichen.

 

Quelle:

N. De Keyser et al. Reviving degraded colors of yellow flowers in 17th century still life paintings with macro- and microscale chemical imaging. Science Advances. Published online June 8, 2022. doi: 10.1126/sciadv.abm2106.