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Erste Briefmarkenausgabe Österreichs – Wappenausgabe 1850
Am 1. Juni 1850 wurden die ersten Briefmarken im Kaiserreich Österreich einschließlich der Länder der Ungarischen Krone, des Königreichs Lombardo-Venetien und Liechtensteins, das mit Österreich einen Postvertrag bis 1921 hatte, verausgabt. Es wurden fünf Marken zu einem, zwei, drei, sechs und neun Kreuzer herausgegeben. Ursprünglich sollte eine zwölf Kreuzer Marke herausgegeben werden. Diese wurde jedoch – aufgrund einer Senkung der Briefgebühr – durch die neun Kreuzermarke ersetzt. Die Bestände der zwölf Kreuzermarke wurden daraufhin vor der Verausgabung bereits kurz vor dem 1. Juni 1850 fast komplett vernichtet. Die nächste Ausgabe von Kreuzermarken sollte erst im Jahr 1858 erfolgen. Die Wappenausgabe wurde zunächst 1850 auf handgeschöpftem, rau und uneben erscheinendem Papier, mit Bogenwasserzeichen und 1854 auch auf maschinell hergestelltem, glattem Papier ohne Wasserzeichen gedruckt. Sie war ungezähnt, Zähnungsversuche wurden jedoch bereits unternommen.
Liste der Ausgaben in Österreich (Kreuzer)
Werte in Kreuzer |
Farbe |
Ausgabedatum |
Auflagenzahl |
1 |
gelb |
1. Juni 1850 |
14.760.000 |
2 |
schwarz |
1. Juni 1850 |
13.420.000 |
3 |
rot |
1. Juni 1850 |
107.420.000 |
6 |
braun |
1. Juni 1850 |
70.950.000 |
9 |
blau |
1. Juni 1850 |
70.720.000 |
12 |
blau |
nicht verausgabt |
unbekannt |
Abbildungen der Marken mit Abstempelungen:
Beispiel: 9 Kreuzer Type I
- Hauptkennzeichen dieser Type: die Wertziffer „9“ steht immer tiefer als das Wort „Kreuzer“, der Abschlußpunkt der Ziffer „9“ ist immer rund.
- Diese Marke war eine durch Herabsetzung des Fernportos von 12 auf 9 Kreuzer bedingte Notlösung. Die bereits gedruckten Marken zu 12 Kreuzer wurden vernichtet. Von ca. 300 Druckstöckel der 6 Kreuzer Marke, hauptsächlich der Type Ib und einigen wenigen Typen der Type Ia, wurde die Ziffer 6 ausgebohrt und durche eine Ziffer 9 ersetzt, beides in Handarbeit. Bei diesem Vorgang blieben fallweise Reste der vormalig Ziffer 6 bestehen. Im Umfeld der Wertziffer kam es zu Beschädigungen des Markenbildes und der Abstand der Ziffer 9 vom Buchstaben variiert zwischen 0,3 und 1,2 mm, der Abstand der Ziffer 9 über der darunter liegenden Zierlinie zwischen 0,2 und 0,5 mm.
- Gedruckt wurden die Marken auf Handpapier mit Bogenwassezeichen KKHM (=Kaiserlich-Königliches Handels-Ministerium) in einer Auflage von 8 Millionen. Der Druckbogen bestand aus 4 Schalterbogen, jeder Schalterbogen aus 8 Reihen zu 8 Marken. Wegen der einfacheren Verrechnungen ( 1 Gulden = 60 Kreuzer) wurden in der 8. Reihe jedes Schalterbogens die rechten 4 Bogenplätze mit sogenannten Andreaskreuzen belegt. Während des Druckvorganges wurde die Druckplatte 2 Mal zerlegt und – teilweise in anderer Reihenfolge – wieder zusammengebaut. Dies lässt sich durch Einheiten belegen.
- Aus heutiger Sicht kann die Verwendung von 273 verschiedenen Druckstöckel nachgewiesen werden, 240 in der ursprünglichen Druckplatte, der Rest als Austausch für beschädigte Stöckel. Bei der 9 Kreuzer Type I gibt es – im Vergleich mit der 45 Centesimi Type I – bedingt durch die größere Anzal der Drucke, wesentlich mehr spektakuläre Druckstöckelbeschädigungen.
Literatur: Dr. Franz Magistirs, Die 9 Kreuzer Type I
© WR (Textteile) und © Creative Commons (Abbildung)
F
Fancy Cancel
- 1847 wurden in den Vereinigten Staaten die ersten Briefmarken eingeführt. Wie aber sollten – damit die Marken nicht abgelöst und wiederverwendet werden – eine Entwertung derselben durchgeführt werden? Insbesondere, da es verboten war den Orts-Tages-Stempel direkt auf der Marke abzuschlagen. Jetzt war Phantasie gefragt. Zuerst wurden die Marken ganz einfach mit den bereits vorhandenen „Paid“-Stempeln abgeschlagen. Auch handschriftliche oder durch Fingerabdruck wurden diese Marken entwertet.
- Bald schon begannen jedoch einige Postbedienstete Korkstempel zu verwenden. Damit diese nicht nur einen großen runden Fleck auf der Marke hinterließen und somit deren Wert abdeckten, schnitzten die Postmeister alle mögliche Figuren in den Kork. Diese Formen wurden immer kunstvoller und reichten von Mehrfachkreisen, über Sterne, Kreuze, und Wappenschildern bis hin zu Abbildungen von Tieren oder Teufeln. So entstanden tausende von sogenannten „Fancy Cancels“, da fast jedes Postamt seinen eigenen Stempel hatte, bzw. auch zu jedem Anlass einen eigenen Stempel generieren konnte.
- Umgangssprachlich hießen diese Stempel auch „Killerstempel“, da sie die Briefmarke entwerteten.
- Das Ende des Einsatzes dieser Fancy Cancels in den USA kam mit der Normierung der Stempel zu Beginn der 1890er Jahren.
- Korkstempel gab es auch ausserhalb der USA wie z.B. in Kanada oder den Britischen Kolonien.
- Das klassische Beispiel für den Wert eines Fancy Cancel ist das Running Chicken von Waterbury. Der berühmte Umschlag (aus ist mit einem 3er Streifen der 1 Cent Briefmarke von 1869 (Scott #112) frankiert, die mit drei davonlaufenden Hühnchen (3 Fancy Cancels) in Waterbury entwertet wurden. Angeblich ließ sich der „Künstler“ John W. Hill für dieses Cancel von einer „Corner-Card“ mit einem rennenden Hühnchen inspirieren. Es gibt aber auch die Auffassung, dass es sich um einen Truthahn handelt, da der Fancy Cancel um Thanksgiving von 1869 erschien, und nur für ein paar Tage im Einsatz war. Auf jeden Fall ist dieser Fancy Cancel sehr selten (es sollen nur 5 bekannt sein) und der obige Umschlag mit den drei Stempeln wurde zuletzt für 275.000$ versteigert.
© Creative Commons
H
Hotelpost
Unter Hotelpost versteht man eine private Postbeförderung eines oder mehrerer Hotels, die dem Gast angeboten wird. Sie diente der Erhebung der Gebühr zwischen Berghotel und Poststelle oder umgekehrt. Dies war notwendig, da diese Hotels mehr oder weniger weit entfernt von staatlichen Poststellen lagen, und man den regelmäßigen Postverkehr dennoch seinen Gästen anbieten wollte. Solche Hotels, die private Botendienste zur Postbeförderung bestellten, gab es vor allem in den Schweizer Alpen. Vereinzelt gab es diese auch in Österreich und in den Karpaten.
Dieser postalische Dienst der Hotelpost wurde meist nur gegen Entrichtung einer kleinen Gebühr durchgeführt. In der Schweiz kam es häufig zur Herstellung und Ausgabe von Hotelpostmarken, die diesen Dienst quittierten. Die Postgebühren der Hotels schwankten hierbei zwischen 5 und 15 Rappen pro Brief. Diese Hotelpostmarken musste zusätzlich zu den normalen Freimarken auf die Postsendung geklebt werden. Es gab unterschiedliche Ausgaben, die genauso wie Briefmarken, anhand von Druckeigenheiten, Ausgabedaten usw. eingeteilt werden. Ein kleines Beispiel ist beigefügt.
Am 26. September 1883 erließ die Schweizerische Postverwaltung eine Verfügung, die diese Hotelpost nicht verbot, aber die Gestaltung der Hotelpostmarken regelte. Es durfte der Wert nicht mehr als Ziffer aufgedruckt werden und auch die Bezeichnungen Franco, Porto oder Taxe durften nicht mehr verwendet werden. So gab es anschließend nicht mehr die Hotelpostmarken, sondern „nur noch“ die Hotelmarken.
Neben der Schweiz finden sich auch in anderen Ländern, wie in Österreich, vergleichbare Ausgaben. So gab es in den 1920er und 1930er Jahren auch private Botendienste mit eigenen Briefmarkenausgaben, die jedoch nicht zu den Hotelpostmarken gerechnet werden. Weiteres gab es sie auch in Ungarn, Ägypten, Japan, Rumänien (Kurhaus Hohe Rinne) und Singapur.
Hotelpostbriefe sowie Hotelpostmarken sind bis heute nur in wenigen Stücken erhalten geblieben. Damit sind sie ein kleines, allerdings auch teures Randgebiet der Philatelie.
Referenzen: philawiki.ch ; philawiki.ch ; Zumsteinkatalog 2018 (Ehrenpreis bei der Regionalmeisterschaft West – Danke!); eine in englisch verfasste Doktorarbeit für Hotelpost in Transsylvanien