August 2019 – Giftige Vögel?

Gibt´s nicht? Gibt´s doch!

Expedition in den Urwald Neuguineas

Die schönsten und manchmal auch wichtigsten Entdeckungen in der Wissenschaft sind oft zufällig. So auch die Entdeckung von giftigen Vögeln: Auf einer Expedition in den Regenwäldern Neuguineas gingen dem Wissenschaftler Dr. Jack Dumbacher 1990 nicht die von ihm eigentlich gesuchten „neuen“ Vogelarten ins Netz, sondern zu seinem Leidwesen die recht häufig vorkommenden Zweifarbenpitohuis. Diese nett anzuschauenden gefiederten

Ein giftiger Vogel aus Neuguinea: Zweifarbenpitohui

Gesellen sind ungefähr so groß wie ein Eichelhäher und eigentlich nichts Besonderes. Als der Biologe die gefangenen Vögel befreien wollte, verletzte eines der Exemplare ihn mit dem Schnabel. Nichts Schlimmes, aber instinktiv führte Dumbacher seine kleine blutende Wunde zum Mund, um diese abzulecken. Nur kurze Zeit später bemerkte er ein starkes Brennen an Lippen und im Mundbereich. Dann stellte sich ein taubes Gefühl ein, das der Wirkung einer Narkosespritze beim Zahnarzt ähnelte. Daraufhin leckte er an der Feder eines Zweifarbenpitohuis und empfand prompt erneut dieselbe Wirkung wie nach dem Schnabelhieb. Für die ihn begleitenden Einheimischen nichts Aussergewöhnliches. Die Einheimischen bezeichnen den Pitohui als „Abfallvogel“: Sie essen sein Fleisch nicht, weil es bitter schmeckt und bei Verzehr „schlimmer als Chilischoten“ brennt.

Kolumbianischer Pfeilgiftfrosch

Und tatsächlich die genauere Untersuchung dieser Vögel ergab, dass sich im Muskelfleisch sowie im Gefieder des Vogels das Alkaloid Homobatrachotoxin, einem Derivat des Batrachotoxins, befindet. Batrachotoxin zählt zu den stärksten Giften, welches die Natur zu bieten hat, und ist u.a. von den Pfeilgiftfröschen in Kolumbien bekannt und ist 250x giftiger als Strychnin. Das in der Natur äußerst seltene Gift greift die Nerven an. Das Gift stört die Reizweiterleitung in Nervenzellen, was zu dem prickelnden Gefühl und Taubheitsgefühl führt. In höheren Dosen kann dies zu Lähmungen, Herzstillstand und Tod führen.

Käfer aus der Familie der Melyridae

Ein weiterer giftiger Vogel: Ifrita kowaldi

Die Reaktion auf die Entdeckung eines giftigen Vogels sorgte für einen riesigen Aufruhr in der Welt der Ornithologen. Der Vogel wurde berühmt, und das Interesse an dem Feld stieg. Bis heute sind mindestens fünf weitere Arten von giftigen Vögeln identifiziert worden. Inzwischen weiß man auch, woher die Giftigkeit des Vogels kommt. Er produziert es nicht selbst, sondern nimmt es durch das Fressen von einem Käfer, der voll mit diesem Gift ist auf: dem Choresine (Familie Melyridae). Vögel derselben Art in Gefangenschaft, die diesen Käfer nicht fressen, sind ungiftig. Bleibt immer noch die Frage, warum der Vogel selbst nicht an dem aufgenommenen Gift zu Grunde geht …….

ATM Marke mit Wachteln (Israel)

Und sind giftige Vögel wirklich nur in tropischen Gefilden zu finden? Auch hier sollte man den alten Menschen aus den heimischen Regionen zuhören. Die erzählen nämlich, dass Wildwachteln besonders gerne in Südfrankreich und dem Balkan wegen ihres zarten Fleisches gegessen werden. Aber Vorsicht: Während des Zuges nach Süden verzehren die Wachteln gerne die Samen des gefleckten Schierlings, des Bilsenkrauts und des Wasserfenchels. Brät man einen solchen Vogel und verzehrt ihn, kann es zu Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schüttelfrost und Lähmungen kommen – Symptome, die den Vergiftungen durch diese Pflanzen ähneln. Die Vergiftung durch Wildwachteln bezeichnet man als Coturnismus (abgeleitet vom lateinischen Namen des Vogels). Und auch hier kann man wieder an die althochdeutsche Bedeutung des Wortes „Forschung“ = „Wieder finden“ erinnert werden. Man muss nur die Bibel lesen:

Gefleckter Schierling

Die Bibel

Bilsenkraut

Num 11,31 Darauf brach ein Wind los, den der Herr geschickt hatte, und trieb Wachteln vom Meer heran. Er warf sie auf das Lager, einen Tagesmarsch weit in der einen Richtung und einen Tagesmarsch weit in der anderen Richtung rings um das Lager; zwei Ellen hoch lagen sie auf dem Erdboden.  
Num 11,32 Da stand das Volk auf und sammelte die Wachteln ein, den ganzen Tag und die ganze Nacht und den ganzen folgenden Tag. Jeder sammelte mindestens zehn Hómer. Sie legten sie rings um das Lager zum Dörren aus.  
Num 11,33 Sie hatten aber das Fleisch noch zwischen den Zähnen, es war noch nicht gegessen, da entbrannte der Zorn des Herrn über das Volk und der Herr schlug das Volk mit einer bösen Plage.  
Num 11,34 Daher nannte man den Ort Kibrot-Taawa (Giergräber), da man dort die Leute begrub, die von der Gier gepackt worden waren.