Post mit Profil: Eine Karte als Kunstwerk

Liechtenstein GanzsacheDiesen Monat präsentiere ich euch einen – in meinen Augen – besonders schönen Beleg aus Liechtenstein – eingereicht von Clemens: eine eingeschriebene Ganzsache-Postkarte von Nendeln nach Gamprin-Bendern, verschickt am 7. September 1978. Schon auf den ersten Blick beeindruckt der Beleg durch seine Farbigkeit und eine ausgesprochen saubere Stempelung. Doch auch postalisch hat er einiges zu bieten – Grund genug, ihn näher zu betrachten. Was hier auf 14,8 × 10,5 Zentimetern vereint ist, ist nicht nur eine Korrespondenz zwischen zwei Orten Liechtensteins – es ist ein Stück postalischer Kunst: eine gelungene Komposition aus Grafikdesign, Farbgestaltung, Drucktechnik und Stempelkultur. Kurz gesagt: eine Karte als Kunstwerk.


Die Ganzsache – Steg im Hochgebirge

GAnzsachen ErsttagBei der Karte handelt es sich um eine 40-Rappen-Ganzsache, ausgegeben am 11. März 1976, gültig bis zum 31. Dezember 2001. Für diesen Tag gab es einen offiziellen Ersttagsstempel aus Vaduz, den ich dieser Beschreibung zur Illustration beigefügt habe. Es ist eine wunderschön gestaltete Karte mit einem Blick auf den Weiler Steg, einen Ortsteil von Triesenberg im alpinen Liechtenstein. Der Entwurf der gesamten Ganzsache, inklusive der Darstellung des Bergdorfes und des Markenbildes mit der Krone, stammt von Bruno Kaufmann, der als einer der bedeutendsten Briefmarken und Ganzsachengestalter Liechtensteins gilt. Gedruckt wurde die Karte im Offsetverfahren von der Firma Courvoisier SA, La Chaux-de-Fonds in einer Auflage von 333.851 Stück. Die Farbgestaltung ist eindrucksvoll – mit Gelbocker, Grün und Blau wirkt die Karte freundlich und klar. Ein Wasserzeichen ist auf der Karte ebenfalls vorhanden – allerdings kann ich persönlich nicht bestimmen, um welches es sich handelt. Wer hier weiterhelfen kann, darf sich gerne melden. Ein interessanter Umstand: Diese Ganzsachen wurden nicht über das normale Abonnement der Liechtensteinischen Post vertrieben, sondern waren nur auf besondere Bestellung erhältlich – was ihre Verbreitung unter Sammlern einschränkte und ihre Attraktivität erhöht.


Das Porto – ein kleiner Überschuss

Für eine eingeschriebene Postkarte im Inland waren im Jahr 1978 in Liechtenstein folgende Gebühren fällig: 40 Rappen für die Postkarte; 70 Rappen für das Einschreiben; → 110 Rappen Gesamtporto. Die vorliegende Karte ist jedoch mit einer 40-Rappen-Ganzsache und einer zusätzlichen 80-Rappen-Marke mit insgesamt 120 Rappen frankiert, also 10 Rappen überfrankiert. Dennoch – dies ist eher ein ästhetischer Zugewinn. Die farbenfrohe Tierkreiszeichenmarke wertet die Karte optisch deutlich auf.– philatelistisch nicht unüblich und ästhetisch sehr ansprechend.


Die Frankatur – mit Tierkreiszeichenmarke

Tierkreisstempel - Ersttag

Als Zusatzfrankatur wurde eine 80-Rappen-Briefmarke verklebt, die am 7. September 1978, demselben Tag, wie die Karte aufgegeben wurde, erstmals ausgegeben wurde. Es handelt sich um ein Motiv aus der beliebten Tierkreiszeichen-Serie Liechtensteins (1976–1978 jeweils 4 Marken). Die hier verwendete Marke gehört zu den letzten vier Zeichen: Schütze, Skorpion, Steinbock und Wassermann. Die Serie wurde vom Künstler Max Hunziker gestaltet, im Rastertiefdruckverfahren von Courvoisier SA gedruckt und in Bögen zu 5 × 4 Marken mit Zähnung 11¾ produziert. Die Auflage schwankte zwischen ca. 0,75 und 1 Mill Exemplaren, je noch Marke. Der Steinbock erschien in einer Auflage von 855.698 Stück. Auch hier wurde der Ersttagsstempel offiziell nur in Vaduz verwendet – er ist nicht auf der Karte abgeschlagen, wurde von mir jedoch ergänzend zur Dokumentation beigefügt.


Die Stempel – sauber, vollständig, vorderseitig

Zwei klare Stempel zieren die Vorderseite: Nendeln, 7.9.1978 (Aufgabestempel): ein Brückenstempel mit Landeswappen, Uhrzeit und Kennzeichen „9a“ in der Brücke; im oberen Bogen Postleitzahl und Ortsname im unteren Bogen F. Liechtenstein. Verwendet in Nendeln vom 9. Juni 1977 bis 14. April 1980. Und dann noch der Stempel von Gamprin-Bendern, 11.9.1978 (Ankunftsstempel): Gleicher Stempeltyp wie Nendeln. Verwendet bereits ab 2. Juni 1969 bis 14. April 1980. Besonders erfreulich: Beide Stempel wurden deutlich, vollständig und auf der Vorderseite abgeschlagen – ein Glücksfall für Sammler und ein Genuss für das Auge.


Ein Nachklang – und ein Ausblick

bürs-stempel

Diese kleine, farbenfrohe Karte erzählt viel: von Kunst und Drucktechnik, von postalischer Genauigkeit und von einer Welt, in der Briefe und Karten noch etwas Persönliches waren. Sie führt uns auch zurück in eine Zeit, als Postfilialen noch allgegenwärtig waren. Leider ist das Postamt Gamprin-Bendern seit 2020 geschlossen. Und das Schicksal trifft nun womöglich auch uns: Die Schließung unserer Postfiliale Bürs ist angekündigt. Obwohl sie zentral gelegen gut frequentiert ist, soll sie bald verschwinden: Der Trend zur Digitalisierung und der Rückgang klassischer Briefpost machen es scheinbar unausweichlich. Die Philatelie verliert damit nicht nur eine Infrastruktur, sondern auch ein Stück Heimat, es wird keinen Stempel von Bürs mehr geben….. – auch nicht zu Weihnachten…. Und wer weiß, ob in Zukunft überhaupt noch Postkarten mit Marken und echten Stempeln durchs Land reisen… Lasst uns das verhindern. Schreiben wir Briefe, tauschen wir Karten, zeigen wir unsere Begeisterung – und vielleicht finden auch andere wieder den Weg zurück zum schönen Hobby der Philatelie.