März 2021 – Leben nach dem Tod

Elysia - Meeresschnecke

Eine nahe Verwandte der Elysia marginata

Elysia Kopf und Körper

Der Kopf hat sich vom Körper getrennt und wandert alleine durch die Gegend (im verlinkten Video wunderbar zu sehen).

Eine etwas unheimliche Meldung wurde diesen Januar in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht: Sie berichtet von einer extremen Form der Selbstverstümmelung: Forscher haben erstmals eine Tierart entdeckt, die ihren gesamten Körper regenerieren kann: die Seeschnecke Elysia marginata. Dazu trennt die Meeresschnecke spontan den Körper inklusive aller Organe (auch das Herz) hinter ihrem Kopf ab. Während der Kopf weiterlebt und innerhalb von 20 Tagen ein neuer Körper wächst, stirbt der Rest des Körpers ab. Ein Video dazu können Sie sich hier ansehen.

Wie der Kopf ohne Herz und den Rest des Körpers überleben kann, ist immer noch rätselhaft. Es gibt nur Versuche, dies zu erklären. Der überzeugendste ist, dass ihre Verdauungsdrüse, die in den Kopf hineinragt, Chloroplasten aus verzehrten Algen in ihre Zellen aufnehmen kann. Dort produzieren diese sogenannten Kleptoplasten über die Photosynthese Nährstoffe. So könnte der Kopf die 20 Tage ohne Körper von der Photosynthese dieser Kleptoplasten leben.

Photosynthese

Darstellung der Photosynthese

Eine weitere ungelöste Frage? Warum macht die Schnecke das? Die Forscher, die dieses Phänomen zum ersten Mal beobachtet haben, vermuten, dass es daran liegen könnte, einen von Parasiten befallenen Körper loszuwerden.

Salamander - Flusskrebs

Besonders Salamander regenerieren Körperteile aber nie den ganzen Körper.

Insgesamt übertrifft Elysias Kopf, indem er den ganzen Körper los wird, die Regenerationsfähigkeit von Eidechsen, Salamandern, Axolotln, Süßwasserpolypen und sogar einiger Gliederfüßer: Sie können ein Bein oder einen Schwanz regenerieren, aber niemals einen ganzen Körper. In diesen Fällen sorgen spezielle Stammzellen an den „Sollbruchstellen“ dafür, dass das Gewebe nachwächst. Der Mechanismus hinter Elysias Selbstverstümmelung ist noch unklar. 

Tod und Leben

Tod und Leben von Gustav Klimt

Ein weiterer etwas ungewöhnlicher Bericht – diesmal über das Leben nach dem Tod beim Menschen – wurde erst in diesem Jahr veröffentlicht. Keine Regeneration, aber in den Stunden nach unserem Tod sind bestimmte Zellen im menschlichen Gehirn noch aktiv.

Um diesen für uns ungewöhnlichen Befund aufzudecken, analysierten Forscher die Genexpression in frischem Hirngewebe. Bei bestimmten Operationen, z.B. zur Behandlung von Epilepsie, wird epileptisches Hirngewebe entfernt, um Anfälle zu beseitigen. Nicht das gesamte Gewebe wird für die pathologische Diagnose benötigt, so dass ein Teil für die Forschung verwendet werden kann. Dies ist das Gewebe, das die Forscher in ihrer Studie analysierten: Sie sammelten das Hirngewebe und analysierten es zu mehreren Zeitpunkten nach der Entnahme, um das postmortale Intervall und den Tod zu simulieren.

Gehirn und Nervenzellen

Das menschliche Gehirn – ein Wunderwerk, das auch noch nach Herzstillstand aktiv ist.

Sie fanden heraus, dass Gene, die in Neuronen aktiv sind, ihre Expression schnell einstellen. Im Gegensatz dazu stieg die Expression von Genen innerhalb von Gliazellen für mindestens 24 h nach der Geweberesektion an. Gliazellen bilden ein stützendes Gerüst für Nervenzellen, sorgen aber auch durch ihre Ummantelung für deren elektrische Isolation. Darüber hinaus sind Gliazellen maßgeblich am Stofftransport und Flüssigkeitsaustausch sowie an der Aufrechterhaltung der Homöostase im Gehirn und der Bekämpfung von Infektionen durch Vermittlung von Entzündungsreaktionen beteiligt. Nach dem Tod steigern diese Zellen ihre Aktivität und wachsen zu gigantischen Ausmaßen. Sie wachsen und sprossen lange armähnliche Anhängsel für viele Stunden nach dem Tod. Vielleicht gerade deshalb, weil es ihre Aufgabe ist, nach Verletzungen des Gehirns aufzuräumen, was definitiv durch den Sauerstoffmangel aufgrund der Unterbrechung der Blutversorgung hervorgerufen wird. Dies impliziert eindeutig, dass nicht alles im Gehirn aufhört, wenn das Herz aufhört zu schlagen…….., was auch immer das bedeutet………..

Quellen:

Sayaka Mitoh, Yoichi Yusa – Extreme Autotomie und Ganzkörperregeneration in photosynthetischen Meeresschnecken. Curr Biol. 2021 Mar 8;31(5):R233-R234. doi: 10.1016/j.cub.2021.01.014.

Fabien Dachet , James B Brown , Tibor Valyi-Nagy, Kunwar D Narayan, Anna Serafini, Nathan Boley, Thomas R Gingeras, Susan E Celniker, Gayatry Mohapatra, Jeffrey A Loeb – Selektive zeitabhängige Veränderungen der Aktivität und zellspezifischen Genexpression im menschlichen postmortalen Gehirn. Sci Rep . 2021 Mar 23;11(1):6078. doi: 10.1038/s41598-021-85801-6.