Juni 2021 – Störche riechen sehr gut!

Welcher Fernsehfilm der letzten Jahre hat bei mir einen wirklichen nachhaltigen Eindruck hinterlassen? Ein Krimi, eine Geschichtsdokumentation, eine Romanverfilmung? Nein, nichts von alledem. Es ist eine Terra-X Dokumentation in der u.a. die Reise des Jungstorchs Borni aus Rheinland-Pfalz in sein Winterquartier nach Afrika gezeigt wird. Atemberaubende Bilder, der bis zum Erbrechen anstrengende Flug über die Straße von Gibraltar…. Man fiebert mit… Es lohnt sich diesen Film anzusehen.

Und zur Zeit werde ich, wenn ich in der Oberrheinebene unterwegs bin, immer wieder an diesen Film erinnert. Man sieht wieder Störche auf frisch gemähten Wiesen nach Futter suchen. Ein Bild das ich nur aus meiner Kindheit kannte. Gott sei Dank hat sich aber die Storchenpopulation in Deutschland wieder erholt. Mein „kindlicher“ Eindruck kann auch durch Zahlen belegt werden:

Der Weißstorch war ehemals im gesamten Mitteleuropa ein verbreiteter Brut- und Sommervogel. Im Zuge der Industrialisierung kam es jedoch zu großen Bestandsrückgängen. Zu den Gründen zählen wahrscheinlich das Trockenlegen von Feuchtgebieten, die Umwandlung von Wiesen in Felder sowie Stromschläge durch Freileitungen (vgl. Vogelschlag). Insbesondere die Populationen der nach Westen ziehenden Weißstörche sind zum Teil bis auf lokale Restbestände eingebrochen. So brüteten 1950 z.B. in der Schweiz kein einziges Storchenpaar mehr. In Deutschland ging der Bestand von 9000 Brutpaaren im Jahre 1934 (erste Zählung) auf ca. 3000 im Jahr 1988 zurück. 2017 waren es aber wieder 6500. Die Bestandsentwicklung ist also auf einem guten Weg.

Und noch etwas Besonderes gibt es was die „deutschen Störche“ betrifft. War die Mehrheit der deutschen Störche in den Ostdeutschen Ländern beheimatet gab es in den letzten Jahren eine Verschiebung hin zu den Westdeutschen Ländern. Der Grund hierfür könnte sein, dass die Weststörche kaum mehr nach Afrika ziehen, sondern den Winter auf der iberischen Halbinsel verbringen, der inzwischen dort warm genug ist. Für die kürzere Zugstrecke müssen sie weniger Kraft aufwenden, die Gefahren und Verluste sind deutlich geringer (kein Flug über die Straße von Gibraltar, wie Jungstorch Borni es noch machte) als auf der Langstrecke der Oststörche, die teils bis nach Südafrika führt. Die genauen Routen wurden ursprünglich mittels Vogelberingung ermittelt, heute durch die Möglichkeit die Störche mit Sendern zu versehen.

Und noch eine meiner Kindheitsfragen zu Störchen wurde gerade wissenschaftlich beantwortet. Wie finden die Störche immer die frisch gemähten Wiesen? Dass Vögel gut sehen (Adler), gut hören (Eulen) können, wusste ich ja. Aber dass jetzt Vögel auch noch gut riechen? In der Tat hat ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Radolfzell gerade herausgefunden, dass die Störche frisch gemähtes Gras, genauer drei sogenannte Blattduftstoffe, auf weite Strecken riechen können. So ist das mir bekannte Bild auch erklärbar, dass bereits während des Mähens innerhalb von Minuten neben den Traktoren Störche auftauchen. Die Weißstörche ernähren sich nämlich von Schnecken, Fröschen und kleinen Nagern, die in hohen Wiesen Unterschlupf finden. Werden diese Wiesen gemäht, sind die kleinen Tiere eine leichte Beute. Und da ist es natürlich von Vorteil, wenn man schnell „riecht“, wo gerade gemäht wird. Einen Tag später hat sich die Beute des Storches nämlich schon wieder andere Unterschlupfe gesucht.

 

PS: die Auswahl der philatelistischen Belege zu diesem Beitrag war recht schwer, da z.B. auf www.colnect.com alleine 571 Briefmarken zum Thema Storch benannt sind.