Wenn es um Briefmarken aus Liechtenstein geht, sticht ein Stück besonders hervor: der sogenannte Rheinberger-Block aus dem Jahr 1938. Auf ihm prangt das Porträt des Komponisten Josef Gabriel Rheinberger – doch wieso eigentlich? Weder Geburt noch Tod jähren sich in diesem Jahr. Es gibt keine offizielle Erklärung dafür, warum gerade er zum Motiv der 3. Liechtensteinischen Briefmarken-Ausstellung wurde, die vom 30. Juli bis 8. August 1938 in Vaduz stattfand. Rheinberger selbst war ein musikalisches Wunderkind. 1839 in Vaduz geboren, spielte er bereits mit sieben Jahren Orgel in der Kirche. Er studierte später in Feldkirch und München und wurde dort zum Königlichen Hofkapellmeister ernannt. Viele seiner Kompositionen sind heute nur Fachkreisen bekannt, doch seine Bedeutung als Lehrer ist unbestritten – unter seinen Schülern waren Persönlichkeiten wie Engelbert Humperdinck und Wilhelm Furtwängler. Rheinberger starb 1901 in München. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er nach Liechtenstein überführt und in Vaduz beigesetzt.
Der Rheinberger-Block war streng genommen kein richtiger Block, sondern ein Kleinbogen mit vier identischen Marken zu je 50 Rappen – insgesamt also 2 Franken. Mit seinen ungewöhnlichen Maßen von 10 × 13,5 Zentimetern passte er nicht auf gewöhnliche Briefumschläge. Dennoch fand er Verwendung, wenn auch selten im normalen Postverkehr. Viel häufiger tauchte er auf Sammlerbelegen auf, wie Einschreiben, Eilsendungen oder internationalen Briefen. Dabei kam es oft zu deutlicher Überfrankierung, da die Inlandstarife meist deutlich unter dem Nennwert des Bogens lagen. Ein Beispiel, das uns Sieghard zur Verfügung gestellt hat, zeigt eine echte Frankatur. Es handelt sich um ein Einschreiben von Vaduz nach Königslutter bei Braunschweig aus dem Jahr 1938. Darauf wurde eine 50-Rappen-Marke aus dem „Block“ oder möglicherweise eine Einzelmarke verklebt – von denen zwei dem Geschenkheft beilagen –, was allerdings einer Unterfrankierung von 10 Rappen entsprach. (Übrigens: Der Empfänger, Otto Klages, war ein bekannter Fossiliensammler.)
Erst ein Jahr später, am 17. März 1939, wurde Josef Gabriel Rheinberger dann tatsächlich zum offiziellen Jubiläum gewürdigt. Zum 100. Geburtstag erschien eine Sondermarke mit demselben Porträt, allerdings in einer anderen Farbe: statt Blau-Schiefer wurde ein Dunkelgrünblau gewählt. Hier auf der Webseite praktisch nicht zu erkennen, jedoch für Philatelisten eine feine, aber bedeutsame Unterscheidung.
Auch die Sonderstempel zur Ausstellung 1938 sind für Sammler besonders reizvoll. Man könnte mit ihnen eine Spezialsammlung anlegen, denn für jeden der zehn Ausstellungstage wurde ein eigener Gummistempel mit festem Datum angefertigt – insgesamt 15 Stück (an manchen Tagen mehrere). Sie trugen den Text „Dritte Liechtensteinische Briefmarken-Ausstellung 1938“ und waren mit „Vaduz / Ausstellungs-Postamt“ sowie dem jeweiligen Datum versehen. Wer heute alle zehn Stempeldaten auf Belegen zusammenbekommen will, braucht Geduld – und Glück und findet ihn auch auf richtig frankierten Belege (wie rechts zu sehen). So bleibt der Rheinberger-Block ein spannendes Stück Philateliegeschichte: ungewöhnlich im Format, rätselhaft im Anlass – und für Sammler ein echtes Highlight.
Daten der Einzelmarke (- nicht Block):
- Ausgabedatum: 17.03.1939
- Verfallsdatum: 31.3.1940
- Nominal: 50 Rappen
- Entwerfer: Wilhelm Dachauer (1881-1951) – Wien (A)
- Drucktechnik: Stichtiefdruck (Stich: Ferdinand Lorber (1883-1957) – Wien (A))
- Druckauflage: 174.678
Quelle: Ringarchiv des Rings der Liechtensteinsammler e.V.