Juli 2019 – Leben aus dem 3D-Drucker?

Dreidimensionale Objekte aus dem 3D-drucker

Der 3D-Druck ist eine umfassende Bezeichnung für alle Fertigungsverfahren, bei denen Material Schicht für Schicht aufgetragen und so dreidimensionale Gegenstände (Werkstücke) erzeugt werden. Viele von euch werden ihn wohl schon kennen. Im 3D-Druck erfolgt der schichtweise Aufbau eines dreidimensionalen Gegenstandes computergesteuert aus einem oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen nach vorgegebenen Maßen und Formen. Beim Aufbau finden physikalische oder chemische Härtungs- oder Schmelzprozesse statt. Als Werkstoffe für das 3D-Drucken kennt ihr wohl – oder wendet es auch schon an – Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle.

Ersttagsbrief mit dem Thema Biotechnologie

Eigentlich nichts Neues für die Technikfreaks unter euch, also warum nun hier das Thema unter Wow-effekte der Wissenschaft. Das hat mit meiner gestrigen Vorlesung über Stammzellen zu tun. Ich wollte mal wieder was Neues in die Vorlesung mit aufnehmen – da sich die Wissenschaft ja so schnell weiterentwickelt – und bin dabei über das 3D-Bioprinting gestolpert. Ein Forschungszweig, der sich im Moment rasant weiterentwickelt und Technologie mit Biologie/Medizin verbindet. Im 3D-Bioprinting wird versucht mittels eines 3D-Druckers Gewebe und Organe zu erstellen. Auch wenn die Technologie am Anfang steht, gibt es schon große Fortschritte. Es ist bereits möglich lebende Stammzellen, aus welchen während der Entwicklung ein solches Organ in seiner ganzen Komplexität entsteht, als Bio-Ink zu verwenden. Sie werden dazu verwendet, ein Gewebegrundgerüst zu drucken, welches dann in einem Bioreaktor ausreift. D.h. die Stammzellen – ausgehenden von dem dreidimensionalen Gerüst – teilen sich weiter, organisieren sich und bilden anschließend das Organ.

Stammzellen für Querschnittsgelähmte

Stammzellen sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass sie sich mit dem richtigen biochemischen Cocktail vermehren, und sich spontan zu dreidimensionalen Strukturen organisieren, die die Physiologie realer Organe nachahmen. Mini-Organe konnten so schon erzeugt werden, die jedoch nicht größer waren als 1-2 cm. Dies liegt an der Limitation, dass eine große Hürde für die Entwicklung voll funktionsfähiger Ersatzgewebe und -organe darin besteht, einen Weg zu finden, die wachsenden Gewebe mit Blut zu versorgen und Abfallprodukte zu entfernen. Hierzu müssten extrem kleine Gefäße als Matrix, auf oder um die herum dann die Stammzellen wachsen können, gedruckt werden.

Blutgefäßsystem

Dieses Jahr gelang es nun Forschern aus den USA ein 3D-Druckverfahren zu etablieren, welches gerade dieses ermöglicht (die Stereolithographie). Das System druckt jede einzelne Schicht mit einer flüssigen Vorhydrogellösung, die unter Einwirkung von blauem Licht erstarrt. Darauf wird die nächste Schicht gedruckt. Eine Methode, die es schon gab, aber die Schichten waren zu dick, um die kleinsten Kapillaren drucken zu können. Dies ist jetzt möglich aufgrund der Beimischung von synthetischen und natürlichen Lebensmittelfarbstoffe in diese Vorhydrogellösung. Die Forschung zeigte, dass die vollständig biokompatiblen Farbstoffe wirksame Lichtabsorber waren, die es den Wissenschaftlern erlaubten, extremst dünne Schichten zu drucken und so extrem kleine Strukturen, wie die Kapillaren.

Lungen

Die Wissenschaftler druckten mit diesem Verfahren, die komplexe Architektur der Alveolen in der Lunge nach. In diesem Gerüst konnten sich i.d.T. rote Blutzellen mit Sauerstoff beladen. Dass Stammzellen, wenn in dieses weiche gedruckte Gerüst eingebracht, auch überleben können, wurde ebenfalls gezeigt. Dies ist auch ein großer Fortschritt, denn eine weitere große Hürde im 3D Biodruck betrifft die spezielle Temperatur und die chemischen Bedingungen, welche die gedruckten Zellen benötigen, um zu überleben. Derzeit ist der 3D-Druckprozess von großen Organen noch zu langsam, was bedeutet, dass die Zellen schon während dessen absterben. Aber auch hier gab es dieses Jahr eine Weiterentwicklung: ebenfalls in den USA haben Forscher eine Technik entwickelt, bei der Parallelisierung verwendet wird, bei der mehrere Drucker gleichzeitig 2D-Gewebeschichten erzeugen. Diese 2D-Ebenen werden dann Schicht für Schicht gestapelt, um 3D-Strukturen zu bilden. Somit kann das Drucken enorm beschleunigt werden. Ein weiteres Problem wäre auch noch zu lösen. Falls das Organ tatsächlich lebensfähig in 3D gedruckt werden kann, bereitet der Transport und die Lagerung, wie bei alles anderen Transplantationen, noch immer Schwierigkeiten. Aber für was, wenn das mal alles klappt – von dem die Forscher ausgehen – , es gut sein könnte findet ihr hier. Oder erratet ihr es schon aufgrund des in meinen Augen wunderschönen Zusammendrucks aus Brasilien.

Lit:

  • https://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.aav9750
  • https://doi.org/10.1002/admt.201800393